Jahresbericht 2018

Beton – Baustoff der Zukunft

Die österreichische Zementindustrie lud im Jänner 2019 Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette Bau – von Herstellern über Baufirmen bis hin zu Bauherren – zu einem Round-Table-Gespräch. Diskutiert wurde, welchen Beitrag moderne Betone zu Klimaschutz und Ressourceneffizienz leisten können. Erörtert wurde außerdem, inwieweit die unterschiedlichen Akteure noch besser zusammenwirken können, um den Baustoff im Sinne der Nachhaltigkeit optimal einzusetzen.

Die Vertreter der Herstellerverbände von Zement, Betonfertigteilen und Transportbeton stellten den Status quo der Nachhaltigkeitsaktivitäten und -themen in ihren Branchen vor. Baufirmen und Bauherren legten dar, was der nachhaltige Einsatz von Beton für sie bedeutet. Generell war Thema, wo und wie die Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammenwirken können, um den Einsatz von Beton weiter zu optimieren.

Sebastian Spaun
Sebastian Spaun

Sebastian Spaun, Geschäftsführer der VÖZ, hob in seinem einleitenden Statement den vergleichsweise geringen CO2-Fußabdruck des in Österreich erzeugten Zements hervor. Dass die heimische Industrie damit weltweit führend ist, zeigt er anhand einer umfassenden Erhebung des World Business Council for Sustainable Development. In Österreich fallen aktuell bei der Herstellung einer Tonne Zement rund 521 kg CO2 an, während im Durchschnitt der EU-28 rund 623 kg CO2 emittiert werden. Am Bau in Österreich werden somit allein aufgrund dieses Unterschieds rund 500.000 Tonnen CO2 dadurch eingespart, dass österreichischer Zement verwendet wird. Zementgebundene Baustoffe, in der Originalstudie „cementitious materials“, sind – nach Wasser – das meist genutzte Material auf der Welt, die produzierten Mengen steigen weiterhin. 50 % beträgt der Anteil an den weltweit produzierten Materialien. In diese Relation gesetzt erscheint der oft kritisierte Anteil der Zementerzeugung von 5 bis 6 % an den weltweiten CO2-Emissionen in einem anderen Licht.

Die Internationale Energieagentur (IEA) zeigt in ihrer Roadmap 2050 für die Zementerzeugung verschiedene Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen. Die österreichischen Werke agieren hier bereits vorbildlich und haben diese Potenziale großteils in der Vergangenheit realisiert. Beispiele sind der hohe Einsatz von Ersatzbrennstoffen, der in Österreich über 81 % liegt, und die Nutzung von Abwärme. Technisch möglich, aber mit sehr hohen Kosten verbunden ist das Abscheiden von CO2 aus dem Herstellungsprozess, im Fachjargon Carbon Capture genannt. Bei Einsatz von Carbon Capture and Storage (CCS) hätte das mehr als eine Verdoppelung der Zementkosten zur Folge. Über 100 Mio. Euro müssten pro Werk in die CO2-Abscheidung investiert werden, dazu kämen noch Kosten in erheblichem Ausmaß für Verwertung und  Recycling des abgeschiedenen CO2.

Beton kann heute zu 100 % recycelt werden. Dieser Vorteil darf im Zuge der Forcierung der Ressourceneffizienz nicht verloren gehen, indem beispielsweise ungeeignete Materialien in den Beton eingebracht werden.“ Sebastian Spaun Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie
Markus Stummvoll
Markus Stummvoll

Markus Stumvoll, Präsident des Güteverbands Transportbeton (GVTB), führte aus, mit welchen Maßnahmen die Mitglieder des GVTB die produktionsbedingten CO2-Emissionen von Transportbeton senken. So ermöglicht es die ÖNORM B4710, alternative Stoffe wie Flugasche und Hüttensand sowohl während des Mahlprozesses von Zement – als sogenannte Zumahlstoffe – zuzugeben, als auch später bei der Mischung des Betons als Zusatzstoffe. Diese hydraulisch wirksamen Zusatzstoffe, auch AHWZ genannt, tragen zur Senkung des Klinkeranteils bei. Dadurch können auch die dem Beton zugeschriebenen CO2-Emissionen reduziert werden. Die in Österreich hergestellten Transportbetone weisen im Europavergleich den geringsten Klinkeranteil auf.

Bemerkenswert ist die Vielfalt an Betonsorten, die in Österreich gemeinsam mit den Bauherren – insbesondere im Tiefbau – entwickelt worden ist, z.B. für Weiße Wannen oder für Spritzbeton. Hier ist besonders wichtig, auf optimale Produktqualität und lange Lebensdauer zu achten.

Hohe Anteile der CO2-Emissionen sind beim Transportbeton dem Transport an sich zuzuschreiben. Die Einführung eines höheren Transportgewichts der LKW bei gleichbleibender Achslast hat laut Stumvoll zu nennenswerten Senkungen der Emissionen geführt.

Dass Beton auch für die Nutzung von erneuerbarer Energie z.B. aus Wind- oder Wasserkraft ein unverzichtbarer Baustoff ist, sollte stärker bewusst gemacht werden. Zu wenig bekannt ist außerdem, dass durch Bauteilaktivierung Beton als Speicher für volatile Umweltenergie genutzt werden und damit auch auf diesem Weg zur Verwirklichung der Energiewende beitragen kann.

Eine herausragende Eigenschaft von Beton ist, dass er über die Zeit durch die Nacherhärtung sogar besser wird. Bei fachgerechtem Einsatz gibt es keinen langlebigeren Baustoff. Nicht zufällig wird immer häufiger der Begriff ‚Betongold‘ als Synonym für Immobilien verwendet.“ Markus Stumvoll Güteverband Transportbeton
Franz-Josef Eder
Franz-Josef Eder

Für Franz-Josef Eder, den Präsidenten des Verbandes Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB), steht in der Branche das Stichwort Ressourceneffizienz an erster Stelle. Seiner Einschätzung nach gilt es, an der Qualität und Lebensdauer von Bauwerken zu arbeiten und die Instandhaltungskosten über den gesamten Lebenszyklus möglichst niedrig zu halten. Für Infrastrukturbetreiber ist diese hohe Qualität besonders wichtig, aber auch im Hochbau können die Vorzüge von Betonfertigteilen verstärkt genutzt werden: Modulare Bauweisen ermöglichen Wiederverwendbarkeit und Demontierbarkeit. In puncto Wirtschaftlichkeit sind in den Fertigteilwerken kurze Ausschalzeiten, Anlagendurchsatz und die Größe von Härtekammern und Lagern wichtig: Je schneller die Betone aushärten, desto mehr kann produziert werden. Daher wurde in den vergangenen Jahren oft mehr Zement eingesetzt als laut Betonnorm erforderlich, was insgesamt zu einer hohen Qualität der Betonfertigteile geführt hat. Eine durch die Abscheidung von CO2 bedingte Verdoppelung des Zementpreises würde dazu führen, dass im Herstellungsprozess an Schrauben zur Senkung des Zementverbrauchs gedreht würde, z.B. schlankere Bauteile durch moderne Bemessungsmethoden und durch Einsatz moderner Methoden des Schalungsbaus.

3D-Entwicklungen im Schalungsbau und die Verwendung von wiederverwertbaren Schalungsmaterialien, z.B. Wachs, werden dazu führen, dass leichtere Fertigteile mit weniger Beton entstehen. Das geringere Gewicht lässt auch die Emissionen im Transport sinken. Diese Einsparungen durch schlankere Bauteile mit modernsten Technologien im Schalungsbau und bei den Bemessungsprogrammen müssen mit Augenmerk auf die erforderliche hohe Qualität erfolgen. Gradientenbeton, bei dem sich die Zusammensetzung des Materials im Bauteilinneren verändert, ist eine weitere Möglichkeit, das Gewicht von Bauteilen zu senken. Je nach Anforderung können z.B. Bereiche, in denen die Betonmatrix sehr fest und dicht ist, stufenlos in deutlich leichtere, porösere Bereiche übergehen; auch Gradientenbeton kann in Zukunft Thema für die Fertigteilwerke werden.

Zu bedenken gab Franz-Josef Eder, dass es in der Regel um den Baustoff Stahlbeton geht. Auch höhere Preise beim Baustoff Stahl würden zur Steigerung der Effizienz im Bauwesen beitragen. Eine Alternative zu Stahl bietet die Verwendung anderer Materialien zur Bewehrung. Carbonfasern korrodieren nicht und benötigen weniger Überdeckung, das führt zu schlankeren Bauteilen und weniger Materialeinsatz.

Das Image von Beton hat sich sehr zum Positiven entwickelt, daran werden wir im gemeinsamen Marketing weiter arbeiten, denn Beton ist unersetzbar. Wenn wir weniger Fläche verbrauchen wollen, müssen wir in die Höhe und in die Tiefe bauen – das lässt sich am besten mit Beton lösen!“ Franz-Josef Eder Verband Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke
Rudolf Zrost
Rudolf Zrost

Rudolf Zrost, Vorsitzender des Vorstands der VÖZ, legte dar, dass in der Zementerzeugung ca. zwei Drittel der Emission bei der Austreibung von CO2 aus Kalkstein anfallen. Die Entsäuerung des Kalksteins ist ein reversibler Prozess, denn Beton nimmt über die Lebensdauer und insbesondere in der Phase des Recyclings an der Oberfläche durch die sogenannte „Rekarbonatisierung“ wieder CO2 aus der Luft auf und ist somit eigentlich eine CO2-Senke. Viele wissen das nicht, und auch in Treibhausgasinventuren und Ökobilanzen ist dieser Prozess derzeit noch nicht abgebildet.

Zur Senkung des Energieverbrauchs ist es erforderlich, die eingesetzte Wärme optimal zu nutzen. Im Wärmetauscherturm sinkt Rohmaterial für die Zementerzeugung nach unten und nimmt dabei optimal Abwärme vom Ofen auf. Überschüssige Abwärme kann zusätzlich in Fernwärmenetze eingespeist werden.

Auch umwelttechnisch sind die Zementwerke stetig bestrebt, sich zu verbessern. Das Zementwerk LEUBE nimmt 2019 eine moderne DeCONOx-Anlage in Betrieb. Dort wird das Abgas noch einmal erhitzt, um Schadstoffe zu vernichten. In der gleichen Anlage wird auch NOx reduziert.

Der Einsatz von Sekundärrohstoffen, z.B. Ziegelsplitt aus Bauschutt, bietet die Möglichkeit, nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu arbeiten. Der Beton selbst kann aufgebrochen und wieder zu 100 % verwertet werden. Potenzial zur Senkung von CO2-Emissionen bietet auch der Klinkeranteil in Zementen, wobei es hier auf die Qualität zu achten gilt. Derzeit steht die Branche bei etwa 70 % Klinkeranteil, unter 66 % wird der Durchschnitt nicht gesenkt werden können.

Beton nimmt über die Lebensdauer und insbesondere in der Phase des Recyclings an der Oberfläche durch den Prozess der Rekarbonatisierung wieder CO2 aus der Luft auf, ist also eine CO2-Senke. Diese Eigenschaft ist in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt, ebenso die hervorragende Wiederverwertbarkeit des Baustoffs Beton.“ Rudolf Zrost Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie
Hubert Wetschnig
Hubert Wetschnig

Nach Einschätzung von Hubert Wetschnig, CEO der HABAU GROUP, ist es im Hochbau oftmals schwieriger, Qualitätsanforderungen durchzusetzen, als im Tiefbau. Denn dort bleibt der Beton nach Einbau oft sichtbar, was mit einer höheren Qualität der Ausführung einhergeht. Es wird achtsamer vorgegangen, weil Fehler nicht kaschiert werden können.

Der Fertigteilbereich bietet gute Möglichkeiten, schlankere Bauteile herzustellen. Im Transportbetonbereich ist diese Herausforderung ungleich größer, weil es auf der Baustelle oft an qualifiziertem Personal mangelt. Die neuen Normen schreiben Rüttelfugen, Arbeitsfugen und Bewegungsfugen vor, aber ohne qualifiziertes Personal sind die Anforderungen schwer in die Praxis umzusetzen. Geschultes Personal wird auf der Baustelle auch gebraucht, damit die richtige Betonsorte an der richtigen Stelle eingebaut wird, entsprechend den Vorgaben. Zudem stehen die hohen Anforderungen auf den Baustellen oftmals einer ausgeglichenen Work-Life-Balance entgegen. Die technischen Notwendigkeiten bestimmen den Bauablauf und damit auch die Arbeitszeiten der Mitarbeiter. Viele bevorzugen daher einen Arbeitsplatz im klimatisierten Büro.

Logistik und Bauabwicklung sind für die Nachhaltigkeit eines Bauwerks nach Ansicht von Hubert Wetschnig sehr wichtig. Die Prinzipien des Lean Management geben hier Anforderungen vor. Eine große Rolle spielen Planer und Architekten, die die richtige Qualität des Betons bestellen müssen, denn diese wird schon in der Ausschreibungsphase festgelegt: Baukörper und Geometrie müssen berücksichtigt werden, ebenso sollte der Einbau mitgeplant werden, damit der gebaute Beton der bestellten und geforderten Qualität entspricht. Zentral auf den Baustellen sind starke und gute Projektleiter, denn mit guter Koordination laufen Projekte effizienter. Als positives Beispiel hierfür nannte Herr Wetschnig den Bau des neuen Hauptbahnhofs in Wien.

Die angebotene Vielfalt der Betone ist schön und gut, aber benötigt eine hohe Kompetenz auf der Baustelle. Daher wären weniger, dafür universeller einsetzbare Betone besser.“ Hubert Wetschnig HABAU GROUP
Günter Steinbauer
Günter Steinbauer

Günter Steinbauer, Geschäftsführer der Wiener Linien, brach eine Lanze für die Verkehrswende. Bauwerke und Infrastruktur sind dafür erfor-derliches Mittel zum Zweck. Infrastrukturbauten des öffentlichen Verkehrs bezeichnete er als Lebensadern, die es nachhaltig und dauerhaft zu bauen gilt. Im Fall von Tunnel- und Schienenanlagen ist eine lange Lebensdauer wichtiger als schlanke Bauteile. Brücken sollten auf eine Lebensdauer von 100 bis 120 Jahren angelegt werden und auch verstärkt werden können. Beton als Baustoff ist vor 120 Jahren schon von Otto Wagner eingesetzt worden, die Bauwerke sind heute noch befahrbar. Die Langlebigkeit von Beton sollte in Ökobilanzen eingerechnet und Emis-sionen auf die gesamte Lebensdauer des Baustoffs und der Bauten umgelegt werden. Denn die hohe Haltbarkeit und die Möglichkeit der Sanierung von Infrastrukturbauwerken aus Beton führen zu einem gesamtgesellschaftlichen Nutzen. Richtige Planung, richtiger Einbau und richtige Wartung und Instandhaltung sollten in diesem Sinne eine Selbstverständlichkeit sein, um die lange Lebensdauer tatsächlich zu erreichen.

Mit Beton werden Lebensadern der öffentlichen Infrastruktur gebaut, deren Dauerhaftigkeit und Lebensdauer im Fokus stehen sollten.“ Günter Steinbauer Wiener Linien

Sebastian Spaun verwies darauf, dass die lange Lebensdauer nicht nur bei Infrastrukturbauten wichtig ist, sondern auch im Hochbau. Die Bausubstanz in Städten wie Wien und Brüssel ist im Schnitt 120 bis 135 Jahre alt. Kurze Lebens- und Nutzungsdauern führen zu erhöhtem Ressourcenverbrauch und steigenden Treibhausgasemissionen. Der bisherige Fokus auf die Errichtungs- und Produktionsphase in der Ökobilanzierung birgt die Gefahr, dass Robustheit und Langlebigkeit von Bauwerken aus den Augen verloren werden bzw. unter dem Gesichtspunkt der geplanten Obsoleszenz bewusst in Kauf genommen werden.

Georg Pommer
Georg Pommer

Georg Pommer, Leiter der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungs- stelle der Stadt Wien (MA 39), brachte die Bewertungssysteme Environmental Product Declaration (EPD) und Product Environmental Footprint (PEF) in die Diskussion ein. Daten der Hersteller werden künftig über digitale Tools wie Building Information Modelling (BIM) auf Knopfdruck angezeigt. Auch hier sollten Baustoffe über den gesamten Lebenszyklus und über die gesamte Lebensdauer betrachtet werden. Bauteile, die oft ersetzt werden müssen, führen über den Lebenszyklus zu hohen Kosten. Als positives Beispiel für eine langjährige und flexible Nutzung von Bauwerken führte Georg Pommer das Betonplattenkonzept der 1960er Jahre an. So zeigt sich etwa am Philipps-Haus in Wien, dass durch eine offene, flexible Tragestruktur ein Rohbau einer neuen Nutzung zugeführt werden kann und ein Gebäude so einem zweiten Wertschöpfungskreislauf zugeführt wird. Dementsprechend sollten von Architekten Entwürfe für offene, flexibel nutzbare Strukturen gefordert werden.

Beton ist ein Rohstoff, den man wiederverwenden kann, das ist eine große Stärke. Es ist allerdings noch nicht genug Beton zum Rezyklieren vorhanden, für Künettenfüllungen muss oft Naturmaterial verwendet werden. Mit Beton werden jetzt Rohstoffreserven für die Zukunft eingebaut, die sinnvoll wiederverwertet werden können. Diese Tatsache fließt auch noch nicht wirkungsvoll in die PEFs ein.

Der Eurocode sieht für Ingenieurbauwerke eine Nutzungsdauer von 100 Jahren und für Hochbauten von 50 Jahren vor. Konzepte, die einen Abbruch von Wohngebäuden nach 20 bis 30 Jahren vorsehen, sind nicht zukunftsfähig. Stahlbeton hat den Nachweis einer mehr als 100-jährigen Nutzungsdauer vielfach erbracht.

Der Eurocode sieht für Ingenieurbauwerke eine Nutzungsdauer von 100 Jahren, für Hochbauten eine von 50 Jahren vor. Konzepte, die einen Abbruch von Wohngebäuden nach 20 bis 30 Jahren vorsehen, sind nicht zukunftsfähig. Stahlbeton hat den Nachweis einer mehr als 100-jährigen Nutzungsdauer vielfach erbracht.“ Georg Pommer Stadt Wien, MA 39
Andreas Fromm
Andreas Fromm

Andreas Fromm, technischer Geschäftsführer der ASFINAG, berichtete, dass der CO2-Fußabdruck der Nutzer der Autobahnen um vieles höher sei, als jener der gebauten Infrastruktur. Das Augenmerk der ASFINAG liegt daher stark auf nachhaltigen Verkehrslösungen: alternative Antriebe, Umstiegsmöglichkeiten, Multimodalität. Ein weiterer Ansatz ist das sogenannte Truck-Platooning. Dabei fahren LKW dicht hintereinander in der gleichen Spur, wodurch ihr Treibstoffverbrauch sinkt. Allerdings kommt es dabei auch zu höheren Belastungen der Fahrbahnen.

Verbesserungspotenzial für die ASFINAG besteht bei Lebensdauer und Langlebigkeit: Jede Baustelle im Autobahnnetz ist eine volkswirtschaftliche Senke und schlecht für das Image der ASFINAG. Beim Einbau von Betondecken braucht es Qualität und Know-how.

Weitere wichtige Themen sind Lean Construction, Recycling und Digitalisierung. Letztere eröffnet neue Möglichkeiten in der Wartung und Qualitätskontrolle der Bauwerke. Fahrten und Transportkilometer können dadurch eingespart werden.

Jede Baustelle im Netz der ASFINAG, die durch die Verwendung langlebiger Produkte vermieden werden kann, ist ein Gewinn.“ Andreas Fromm ASFINAG
Alfred Hüngsberg
Alfred Hüngsberg

Auch Alfred Hüngsberg, Bereichsleiter für Brückenbau bei der ÖBB, hob die Langlebigkeit als wichtiges Kriterium hervor. Das Maß der Dinge ist am Ende des Tages die Haltbarkeit. Denn es macht einen Unterschied, ob man in einem Zeitraum von 150 oder 200 Jahren eine Brücke einmal, zweimal oder dreimal bauen muss. Infrastrukturbetreiber sollten daher in langen Perioden denken.

Seit etwa 30 Jahren werden bei den ÖBB-Brücken Randbalkenfertigteile eingesetzt, weil diese bei der Wartung leichter getauscht werden können und der Zugverkehr nicht lange unterbrochen werden muss. Jedes Jahr werden ca. 100 Brücken neu gebaut, etwa 90 % davon mit diesen Fertig-teilen. Auffallend ist die hohe Qualität. Es gibt de facto keine Schäden. Die Fertigteilwerke haben Beton in sehr hoher, ja besserer Qualität als ausgeschrieben geliefert, u.a. dadurch ist diese Langlebigkeit bedingt. Auch heute wird der Dauerhaftigkeit von neuem Beton hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Bedauerlich findet Alfred Hüngsberg, dass es seit 20 Jahren die europäische Betonnorm gibt, aber erst jetzt Verfahren genormt werden, die im Labor die Lebensdauer eines neuen oder neu zusammengesetzten Materials prognostizieren können.

In der Ausbildung kommt der Baustoff Beton zu kurz. Wichtig wäre es, das Image von Beton zu heben, dann wäre es für Firmen leichter, Arbeitskräfte bzw. Nachwuchs zu finden.

Bei den Infrastrukturbetreibern Wiener Linien, ASFINAG und ÖBB ist das Thema Lebensdauer jedenfalls eines der Hauptentscheidungskriterien. Daher sollten ökologische Kennzahlen auf die Lebensdauer bezogen werden, und auch in der volkswirtschaftlichen Betrachtung müsste berücksichtigt werden, wenn Infra-strukturbauten selten oder gar nicht für die Wartung gesperrt werden müssen.

Bei der Reduzierung des Klinkeranteils im Beton ist ein Niveau erreicht, das man erst einmal umsetzen sollte – im Hinblick darauf, ob das so wie erhofft funktioniert. Einsparungen sollten keinesfalls die Dauerhaftigkeit beeinträchtigen.“ Alfred Hüngsberg ÖBB Infrastruktur AG